Das Jahreskreisfest Samhain bzw. Allerheiligen am 01. November gehört zu den bedeutensten und wichtigsten Festen im Jahreslauf.
Es kennzeichnete das Ende des Sommers und gleichzeitig den Beginn des neuen Jahres. Ihm kam weitaus größere Bedeutung zu als der nahenden Wintersonnwende. Die drei Bedeutungen, die sich in diesem Begriff überschneiden, dürften vermutlich überraschen, weil Samhain zwischenzeitlich anderes besetzt ist: Versammlung, Sommer und Vergnügen. Aufgrund dessen gehen Brauchtumsforscher davon aus, dass das Fest ursprünglich eine vergnügliche Zusammenkunft war, die das Ende des Sommers zusammenfasste und die eingebrachte Ernte entspannt in Richtung Winter schauen ließ. Der Schrecken des Hungers war gebannt beim Blick auf die gut gefüllten Vorratslager. Bei den Germanen wurde der November als „Opfermonat“ bezeichnet, da aus Dankbarkeit für die erhaltende Ernte den Göttern Trank-, Speise- und Tierofper dargebracht wurden.
Für die Kelten hatte dieses Fest noch einen ganz wesentlichen Aspekt, repräsentiert es doch den ewigen Zyklus von Werden und Vergehen nicht nur in der Natur, sondern im Leben selbst: In ihrer Glaubenswelt öffnete sich jetzt das Tor zur Anderswelt. Damit war der Kontakt zu den Ahnen, Feen und Geistern möglich, bis sich die Pforten am 06. Januar wieder schlossen. Dann nämlich wird deutlich, dass sich der Sonnenbogen wieder vergrößert und die Dunkelheit dem Licht mehr und mehr weichen wird.
Die Bräuche des 01. Novembers rankten sich also stark um den Ahnenkult, der zu dieser Zeit jedoch eine andere Ausprägung hatte als heute. In der Alt- und Jungsteinzeit gab es keine Trennung zwischen der Welt der Toten und der Lebenden. Die Grabstätten der Toten befanden sich im Zentrum der Gemeinschaft oder unter der Feuerstelle. In den Enkeln wurden die Ahnen wiedergeboren. Wenn die Tore zur Anderswelt geöffnet waren, war der kommunikative Austausch mit den Geistwesen und Verstorbenen ähnlich normal wie unsere Gespräche beim Abendbrot, sie wurden um Rat und Beistand gebeten. Dabei war der Ahnenbegriff einst – und in vielen Kulturen auch heute noch – weiter gefasst als bei uns heute. Es wurden auch diejenigen verehrt, die viel für die Sippe und den Stamm getan haben und ihm jetzt schützend zur Seite standen. Es waren die Seelenverwandten und solche, die als Vorbild fungierten und deren Werte inspiriert haben. Naturwesen, die in Bäumen, Felsen und Wasserquellen wohnen, wurden ebenfalls als Ahnen verehrt. In der damaligen Weltsicht existierten keine Dämonen und böse Geister, die mit allerlei Schutzmagie gebannt werden mussten. Diese Sichtweise kam erst sehr viel später auf und wird heute noch fortgesetzt in vielen neuzeitlichen Auslegungen von Samhain. Die Geistwesen der Anderswelt haben nur genauso unterschiedlich ausgeprägte Wesenszüge und Qualitäten wie die Menschen auch. Da gibt es ebenso Charaktere, die wir als sympathisch oder unsympathisch empfinden. Wenn wir uns also an Samhain oder während Hausräucherungen von „bösen“ Geistern umgeben fühlen, so sollten wir uns fragen, wann und warum wir sie böse gemacht und ver“teufelt“ haben. Erst wenn wir anerkennen, was wir hier ausgrenzen und abzuwehren versuchen, wird dazu führen, dass sich das geistig Böse verflüchtigt bzw. seinen Platz in der Ordnung findet. Eine Weiterführung des Samhain-Brauches hat sich bis heute gehalten. Im Oktober werden die Gräber „auf Vordermann“ gebracht. Die Sommerbepflanzung wird gegen eine passende für Herbst und Winter ausgetauscht. Tiefschwarze Erde ziert die Gräber. Dies geht zurück auf das Jahr 600 n.Chr., als von Papst Bonifaz IV der 01. November als Festtag für alle Heiligen geweiht wurde. Der Allerseelentag am 02. November zum Gedenken an alle Verstorbenen kam rund 200 Jahre später dazu. Heute sind diese beiden Festtage verschmolzen, zumal der 01. November ein Feiertag ist, und wir gedenken weniger den Heiligen als den verstorbenen Angehörigen und Freunden.
Los Dias de Muertos in Mexiko an Allerheiligen ist keine Trauerveranstaltung um die Verstorbenen, sondern ein buntes, lebendiges Volksfest, an dem nach alt-mexikanischem Glauben die Toten zu Besuch aus dem Jenseits kommen. Die Toten und Lebenden feiern gemeinsam das fröhliche Wiedersehen bei Musik, Tanz und leckerem Essen. Auf geschmückten Altären werden zu Ehren der Toten persönliche Gegenstände, Fotos und Schalen mit Stücken von schwarzem Copal dekoriert. Das Fest ist begleitet von exzessiven Räucherungen mit diesem Harz. Er soll den Schleier zur Anderswelt lüften und den Kontakt zwischen Toten und Lebenden ermöglichen. Bei den Huichol-Indianern in Mexiko, die noch weitgehend in ihrer alten Kultur leben, werden alle viele Rituale mit Räucherungen begleitet. Verwendet wird überwiegend Huichol-Copal, ein in ein Maisblatt gewickeltes, braunes Harz, außerdem Bergföhren- und Pinienharz.
Die Fortsetzung in spektakulärer und zwischenzeitlich sehr kommerzieller Art finden wir in Halloween. In Angst einflößenden Gespensterkostümen wandern Kindergruppen von Haus zu Haus, die nur durch Süßigkeiten davon abgehalten werden können, ihr Unwesen zu treiben. Die zwischenzeitlich leider dämonisierten Gestalten symbolisieren im Grunde nichts anderes, als die Verstorbenen, die ihre Familien in der Nacht vor Samhain besuchen. Dabei werden sie jedoch nicht wie einst fröhlich empfangen, willkommen geheißen und geehrt, sondern mit Süßem abgespeist, um sie möglichst schnell wieder loszuwerden. Der Segen, den die Verstorbenen einst zu diesem Zeitpunkt ins Haus brachten, ist dabei leider verloren gegangen. Wir sehen also, dass nicht alles, was sich heute als Brauchtum zeigt oder sich auf solches beruft, den ursprünglichen Sinn weiterführt. Fragen, die in diese jahreszeitliche Qualität passen Der Organismus stellt sich jetzt um, er wird langsamer und träger. Das Bedürfnis nach Ruhe und Stille wächst, zu manchem brauchen wir eine längere Anlaufzeit. Morgens würden wir gerne etwas länger schlafen. Das trübe Wetter spiegelt sich gelegentlich auch im Inneren wider. Traurige und melancholische Gedanken tauchen jetzt eher auf als im Sommer. Es tut gut, raus zu gehen und sich von der herben Schönheit dieser Zeit mit ihrer feuchten und kühlen Luft nähren zu lassen.
Die jahreszeitliche Energie des beginnenden Novembers bringt Verlangsamung mit sich und unterstützt den Rückzug in die Seelenwelt. Im Außen gibt es keine Ablenkungen mehr, die Vielfalt finden wir jetzt in der Beschäftigung mit uns selbst. Gefühle wie Trauer, Angst, Schmerz, Scham, Schuld, Wut oder gar Hass dürfen jetzt alle Stationen durchlaufen: Anschauen, zulassen, ausdrücken und loslassen. Wir nehmen uns jetzt die Zeit, uns einzugestehen und anzuerkennen, wie sehr uns bestimmte Veränderungen in den letzten Monaten bewegt und das Leben beeinträchtigt haben.
Aus der systemischen Familientherapie wissen wir heute, dass das Wissen der Ahnenlinie in jedem von uns fortgeführt wird. Was in früheren Kulturen also intuitiv wahrgenommen wurde, hat jetzt eine therapeutische Basis. Samhain ist der ideale Zeitpunkt, generationsübergreifend Würdigung und Achtung in das Familiensystem zu bringen, alles und allem einen passenden Platz zu geben und damit Störungen, die aktuelles Leid verursachen, zu beseitigen.
Persönliche Fragen, die zur jahreszeitlichen Qualität passen:
Was hat mich dieses Jahr besonderes beschäftigt oder belastet?
Welche Wünsche und Vorhaben haben sich nicht erfüllt?
Für welche Themen benötige ich noch mehr Zeit, um sie zu lösen?
Was hat mich geschwächt? Waren es Krankheiten? Oder Lebensphasen, die zu Ende gegangen sind?
Von welchen Vorstellungen in Bezug auf meine/n Partner/in, Kinder, Eltern, musste ich verabschieden?
Welche Lebenskonzepte haben vielleicht an Bedeutung verloren? Wie bin ich mit all diesen Themen umgegangen?
Was könnte ich in einer ähnlichen Situation anders machen?
Wo sollte ich meine Gefühle von Trauer und Schmerz mehr zulassen?
Wo brauche ich noch Heilung und Aussöhnung in Bezug auf meine Ahnen?
Wo möchte ich noch etwas klären?
Welche Qualitäten sehe ich in meiner männlichen und weiblichen Ahnenlinie, die ich mehr integrieren könnte in mein Leben?
Zu welchem Thema möchte ich welche Ahnen um Unterstützung und Segen bitten?
Wofür möchte ich mich bei meinen Ahnen bedanken?
Passende Räucherstoffe sind
Holunderblüten, -holz, -mark, Zedernspitzen, Angelikawurzel, -samen, Wermut, Beifuß, Mistelkraut, Birkenrinde, -blätter, Lärchenharz, Lavendel, schwarzer Copal, Huichol-Copal.
Wenn Sie sich ganz auf eine Ahnenräucherung konzentrieren wollen, dann mischen Sie nur Wacholder (Beeren/Nadeln), Beifuss, Myrrhe, Weihrauch, wenig Drachenblut und schwarzen Copal.